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Die Rolle der Osteopathie bei den Spätfolgen einer Lungenentzündung durch SARS COVID19

Die Rolle der Osteopathie bei den Spätfolgen einer Lungenentzündung durch SARS COVID19

Während Schulmediziner, Virologen und Biologen an einem Mittel gegen den SARS-Cov-2 Erreger forschen, der die COVID19-Erkrankung hervorruft, stelle ich mir als Osteopath die Frage: Was können wir bei Menschen unternehmen, die eine schwere Lungenentzündung mit oder ohne künstliche Beatmung überstanden haben und wie können wir möglichen Folgen osteopathisch begegnen?

Entgegen der allgemeinen Wahrnehmung, Osteopathie sei nur etwas, das bei Rückenleiden angewendet wird, möchte ich auf die Möglichkeiten hinweisen, dass Osteopathie unter Umständen eine sinnvolle Maßnahme für Menschen sein kann, die eine schwere Corona-Erkrankung hinter sich gelassen haben.  

engin akyurt cn19RqKumfw unsplash

Was verursacht SARS im Körper? 

Bei SARS kommt es hauptsächlich zu einer Schädigung von Zellen des Immunsystems und der Lunge im Bereich der Alveolen. Die Alveolen in der Lunge sind die kleinsten Einheiten des Lungengewebes, in denen der Gasaustausch von Sauerstoff und Kohlendioxid stattfindet. 

Im schlimmsten Fall bleibt das entzündete Gewebe nach einer Entzündung geschädigt und verheilt mit narbigem Charakter. Das anliegende Gewebe wird zu Granulations- bzw. Narbengewebe mit verminderter Elastizität und Flexibilität

Narbige Veränderungen spielen in der osteopathischen Behandlung eine wichtige Rolle. Sie sind häufig ein Hindernis für eine normale Beweglichkeit - in diesem Falle, die des Brustkorbes. 

Welche langfristigen Folgen kann eine Schädigung des Lungengewebes haben? 

In einer Studie, welche die Langzeitfolgen von SARS auf das Lungengewebe untersucht hat, zeigte sich nach einem Jahr noch bei über einem Viertel der PatientInnen (27,8%), die SARS überlebt hatten, Veränderungen im Röntgenbild des Thorax. Auch bei der Lungenfunktionsmessung hatten knapp ein Viertel der PatientInnen (23,7%) erniedrigte Sollwerte für forcierte Vitalkapazität, totale Lungenkapazität und Diffusionskapazität. 

PatientInnen, die darüber hinaus intensivmedizinisch betreut worden sind, hatten röntgenologisch und in der Lungenfunktion signifikant schlechtere Befunde. 

Betroffene von SARS-CoV-1 im Jahr 2003 zeigten ähnliche Symptome und Verläufe, wie es bei der aktuellen SARS-CoV-2-Spezies der Fall ist.

Bei ihnen zeigte sich im Lungenbereich auf dem CT peripher lokalisierte, landkartenartig angeordnete Milchglastrübungen des Lungengewebes. Im Verlauf der Erkrankung kam es zu strukturellen Veränderungen im Bereich des Lungengewebes in unterschiedlicher Ausprägung. 

Selbst nach einem Jahr Rekonvaleszenz waren immer noch Verschattungen im Lungenbereich in der Bildgebung vorhanden.

Die körperliche Belastbarkeit, Bewegungsfähigkeit, und der Gesundheitszustand der SARS-Überlebenden waren demnach bemerkenswert niedriger als die der normalen Bevölkerung. Weitere Folgen einer intensivmedizinischen Betreuung bei SARS sind nach der Ansicht von Needham et al. (2013) Depression und Angststörungen, sowie eine beeinträchtigte Rückkehr an den Arbeitsplatz.

Was verstehten OsteopathInnen unter einer gesunden Lunge?

Eine gut funktionierende Lungenfunktion bzw. Atmung sind wichtige Voraussetzungen, die sich auf zahlreiche Körperfunktionen auswirken. 

Eine normale Lungenfunktion, nach osteopathischen Prinzipien, ist davon abhängig, inwieweit die Lunge selbst arteriell, venös, lymphatisch und neurologisch ver- bzw. entsorgt ist.

Dies wiederum steht in Wechselbeziehung mit der Mobilität des Lungengewebes und dem umliegenden Gewebe, das Kontakt zur Lunge hat. Das bedeutet, eine Lunge, die eine schwere Entzündung durchlebt hat, kann aufgrund narbiger Abheilung im Bereich des Lungengewebes, als auch im Lungenfell Funktionsdefizite behalten oder für Probleme in den umliegenden Strukturen sorgen (Rippen, Brustwirbelsäule, Schlüsselbeine, Brustbein, Herz, Luftröhre, Speiseröhre, Aorta und Zwerchfell).

Wie kann Osteopathie bei den Folgen einer schweren Lungenentzündungen helfen?

Ein wichtiger Hinweis vorweg: Die akute bakterielle Lungenentzündung bzw. abakterielle Lungenentzündung (durch einen Virus ausgelöst), sind ernst zu nehmende Erkrankung, die dringend in die Obhut von SchulmedizinerInnen gehört. Ebenso ist dies ist kein Therapiekonzept zur Behandlung der Viruserkrankung wie z.B. COVID19. OsteopathInnen ist die Behandlung von Viruserkrankungen nach dem Infektionsschutzgesetz (IFSG) verboten. Daran halten wir uns.

Der osteopathische Ansatz in der Nachbehandlung hierzu lautet, dass möglicherweise der Heilungsprozess im entzündeten Bereich nicht optimal funktioniert, weil das lymphatische System aufgrund bestehender Blockaden nicht gut arbeiten kann. Dies verhindert den freien Abtransport von „Gewebemüll“, der bei Entzündungen entsteht.

Das oberste Ziel einer osteopathischen Behandlung ist den Körper bei der Heilung zu unterstützen. Dies geschieht durch das manuelle Aufspüren und Korrigieren von Restriktionen und Blockaden, damit eine physiologische Beweglichkeit der Gewebe und Organe erreicht wird. 

Speziell im Bereich der Lunge liegt der Fokus osteopathischen Wirkens auf folgenden Behandlungsansätzen:

  • Wiederherstellung von Brustkorbbeweglichkeit (intra- und extrathorakal)
  • Wiederherstellung optimaler Atemmuster
  • Korrektur biomechanischer Hindernisse, die Einfluss auf die Atmung haben 
  • Optimierung von Flüssigkeitsdynamik im Brustkorb (Lymphfluss, venöser Abtransport, arterielle Versorgung)
  • Regulierung des Druckes in Brustkorb und Bauchraum
  • Stabilisierung der Wirbelsäule
  • Spannungsregulation von Zwerchfell und Atemhilfsmuskulatur
  • Korrektur entfernt liegender Strukturen, die den Lungenbereich negativ beeinflussen

Welchen Betroffenen kann Osteopathie helfen?

Unser Behandlungsansatz richtet sich an die Menschen, die einen schweren Verlauf einer Lungenentzündung überstanden haben und noch unter den Folgen der Erkrankung leiden.

Wir möchten den Betroffenen, die unter den Folgen einer ausgeheilten Lungenentzündung, wie sie bei schweren Fällen von COVID19 auftreten kann, unterstützen. Mithilfe von Osteopathie haben wir eine Möglichkeit eingeschränkte Körperfunktionen zu stärken, mögliche Verklebungen zu mobilisieren und Funktionseinschränkungen die aus der Erkrankung heraus resultieren zu verbessern, mit dem Ziel die Lebensqualität zu steigern.

Gibt es Belege dafür, dass Osteopathie bei Lungenentzündungen helfen kann? 

In einer Studie wurde die osteopathische Behandlung als Begleittherapie zur Standardtherapie bei akuter Lungenentzündung getestet und bewertet. Hier wurde die Effektivität von osteopathischer Behandlung bei PatientInnen mit akuter Lungenentzündung untersucht. Die Ergebnisse der Analyse zeigen, dass PatientInnen, die an Lungenentzündung erkrankt sind von den osteopathischen Behandlungen profitieren. Lymphfluss, Atemfunktion und immunologische Abwehr konnten durch gezielte osteopathische Manipulation beeinflusst und optimiert werden. Die AutorInnen der Studie bewerten die adjuvante osteopathische Therapie als wertvolle und kosteneffiziente Unterstützung in der Behandlung von Lungenentzündung. 

Eine andere Studie belegt, dass der Krankenhausaufenthalt und die Dauer einer Antibiotikatherapie durch Osteopathie im Vergleich zu einer rein schulmedizinischen Standardtherapie verkürzt werden konnte und die Häufigkeit von Atemstillstand und Tod abnahm. 

 

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